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#gesichtzeigen Dr. Sergio Espinosa

Es ist 35 Jahre her, dass ich nach Freiberg kam, um hier Geophysik zu studieren. Es war ein heißer Sommertag in 1984. Ich kam am Freiberger Bahnhof mit nur zwei Koffern und einem kleinen Zettel an, auf dem die folgende Adresse stand: “Akademiestr. 6”. Dort musste ich den Schlüssel meines Zimmers im Studentenwohnheim holen, in dem ich die nächsten fünf Jahre wohnen und leben sollte.

Gleich nach meiner Ankunft am Bahnhof sah mich ein lokaler Freiberger und fragte mich, wohin ich wollte. Ich zeigte ihm das Zettelchen. Dann sagte er: “Komm bitte mit. Ich bringe dich dorthin”. Er nahm meine Koffer und brachte mich persönlich zu der Adresse des Hauptgebäudes der Bergakademie. Das war mein erster Eindruck von Freiberg.

Aus dem Studium wurde eine Promotion, die ich im Januar 1993 abschloss. Ich verließ dann Freiberg, um in die Welt zu gehen. Es ging nach Berlin, Potsdam, Santiago (Chile), Lima (Peru), Montreal (Kanada) und Vancouver (Kanada), mit einem Aufenthalt in Singapur.

Während meiner nun 22-jährigen Erfahrung in der weltweiten Erzlagerstättenerkundung habe ich festgestellt, dass die Bergakademie, die Stadt Freiberg und allgemein das Erzgebirge einen sehr guten Ruf haben. Nicht nur Mineralien, wie Freibergit, historische Persönlichkeiten, wie Alexander von Humboldt, Abraham Gottlob Werner und Clemens Winkler und Werke wie „De re metallica“ sind international bekannt, es tragen auch alle Freiberger Geologen, Bergbauingenieure, Metallurgen usw., die in allen Ecken der Welt stecken, zu den technisch-wissenschaftlichen Kenntnissen, dem allgemeinen menschlichen Wohlstand und dem wirtschaftlichen Wachstum bei. 

Freiberg hat vieles an die Welt gegeben. Es ist einfach so. Und ich hoffe, dass es so bleibt.

Ich wohne nun seit vielen Jahren in Kanada. Leider erreichen uns sogar hier Nachrichten aus Sachsen, in denen man über Hass und Hetze sowie auch über Fremdenfeindlichkeit und rechtsradikalen Populismus sehen und lesen kann. Das ist sehr enttäuschend. Sachsen wird von der Welt gesehen und mit großer Sorge beobachtet. Es ist leider so. Und ich hoffe, dass es so nicht bleibt. 

Wir dürfen nicht erlauben, dass wieder soziale und politische Verhältnisse geschaffen werden, die an die Dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts erinnern.

Ich appelliere deshalb an alle Freiberger, dem guten Ruf der Stadt in der Welt wieder gerecht zu werden, weltoffen zu sein und so, wie ich es damals selbst erlebte, auf neue Mitbürger zuzugehen. 

Ich appelliere aber ebenso an die Mitmenschen in Freiberg, die aus anderen Kulturkreisen stammen: Gebt bitte denjenigen, die Hetze und Hass verbreiten, keinen Grund dazu und haltet euch an die sozialen Regeln eines guten Miteinanders. So kann ein “Freiberg für Alle” gelingen.

Dr. Sergio Espinosa, Diplom-Geophysiker
Botschafter des Freiberger Alumni Netzwerks in Vancouver, Kanada

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